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Personalstrategie: Warum es ohne Messbarkeit nicht geht!

Zahlen, Daten und Fakten bilden in allen Bereichen einer Organisation den Maßstab für Entscheidungen – außer bei der Besetzung von Fach- und Führungskräften. Viele Unternehmenslenker wissen es, zumindest theoretisch: Menschen sind ihre wichtigste Ressource, deren Produktivität entscheidet über den Geschäftserfolg. 

Blog-Autorin
16 Januar 2023
Nilgün Aygen
Nilgün Aygen
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Trotzdem gibt es in den wenigsten Unternehmen eine zielgerichtete Top-down-Personalstrategie, die auf validierten Informationen beruht. Die Folgen sind fatal: unzufriedene Mitarbeiter und Verluste in Milliardenhöhe.

Nur engagierte Mitarbeiter entfalten ihr volles Potenzial an Produktivität. Demnach bleiben die meisten Unternehmen mit ihrem Ergebnis weit hinter dem zurück, was möglich wäre. Denn gerade einmal 15 Prozent der deutschen Arbeitnehmer fühlen sich an ihre Firma gebunden und arbeiten hoch engagiert, so eine Untersuchung des Beratungshauses Gallup von 2019.  

🔹Die große Mehrheit von 69 Prozent hat nur eine geringe Bindung und verrichtet Dienst nach Vorschrift.
🔹16 Prozent haben sogar innerlich gekündigt.
🔹Der Studie zufolge verursacht das mangelnde Engagement jährlich einen Schaden von bis zu 122 Milliarden Euro.

So sehr diese Zahlen bestürzen, überraschend sind sie nicht. Vielmehr sind sie die zu erwartende Konsequenz aus der verbreiteten Fehlannahme, die Geschäftsleitung könne das Thema Personal vollständig delegieren – ohne entsprechende Strategie.

Der Profisport als Vorbild

Die meisten Unternehmen haben keine definierte, aus der Gesamtstrategie abgeleitete Personalstrategie. Es wächst zwar das Bewusstsein, dass ein leistungsfähiger Personalkörper essenziell ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch viele scheitern daran, dieses Bewusstsein in zielgerichtete Investitionen und Maßnahmen zu verwandeln. Im Profisport ist die Erkenntnis hingegen längst in der Praxis angekommen. Der DFB beispielsweise hat ein Netz an Strukturen geschaffen, um bundesweit die besten Nachwuchsspieler zu finden und weiterzuentwickeln – von einem Talentförderprogramm über Leistungszentren bis hin zu Eliteschulen des Fußballs. Den Sportfunktionären ist klar: Nur wer die besten Spieler hat, ist und bleibt auf lange Sicht erfolgreich. Unternehmen sollten sich der Herausforderung mit derselben Entschlossenheit annehmen. Es gilt eine Personalstrategie zu fixieren, die entsprechenden Ressourcen bereitzustellen und systematisch zu kontrollieren, ob man die definierten (Zwischen-)Ziele erreicht hat.

Warum Theorie und Praxis auseinanderklaffen

Die Diskrepanz zwischen vorhandenem Problembewusstsein und fehlendem Handeln rührt oft daher, dass die Geschäftsführung das Thema gänzlich der HR-Abteilung überlässt. Diese hat jedoch mit anderen Aufgaben, wie einer hohen administrativen Arbeitslast, Changemanagement in Sachen Digitalisierung etc., mehr als genug zu tun. Hinzu kommt: Die Personalstrategie als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie ist Sache der Geschäftsführung. Sie muss von höchster Stelle angestoßen und top-down im Unternehmen umgesetzt werden. Dass dieser Anspruch sich so selten in der Praxis widerspiegelt, hat auch mit einem gewissen Mindset zu tun. In Kreisen des Top-Managements gelten Personalfragen häufig als „soft“. Somit zählen sie vermeintlich nicht zur Sphäre der harten Fakten, mit denen die Chefetage sich befasst. Doch wer sein Business zukunftsfähig aufstellen will, darf nicht nur Geschäftsmodelle, Markenstrategien und Marktpositionierungen fokussieren. So wichtig diese zweifellos sind – alle Pläne und Visionen sind zum Scheitern verurteilt, wenn der zentrale Faktor unberücksichtigt bleibt: die Mitarbeiter und ihre Produktivität.

Teure Fehlbesetzungen

Eine nicht existente Personalstrategie schlägt sich schwarz auf weiß in der Geschäftsbilanz nieder. Eine Fehlbesetzung etwa ist eine der teuersten Fehlinvestitionen, die ein Unternehmen tätigen kann. Bei falscher Platzierung einer Fachkraft bewegen sich die Kosten im Bereich von zwölf Monatsgehältern. Je höher die Position, umso höher steigt dieser Wert – laut einer Studie des Beratungshauses Kienbaum bis hin zum dreifachen Jahresgehalt. Und hier sind lediglich die klar bezifferbaren Kosten einkalkuliert, wie Recruiting-Ausgaben, Anteile des Gehalts des Mitarbeiters und des Mentors, der ihn einarbeitet, Kosten, um die Stelle erneut zu besetzen etc. Noch nicht berücksichtigt sind die Auswirkungen auf die Gesundheit des betroffenen Mitarbeiters, auf das Betriebsklima – und somit die Produktivität des gesamten Teams – sowie die Reputation des Unternehmens.

Fundierte Entscheidungen fällen

Erfolgreiche Unternehmer, egal ob Geschäftsführer eines Mittelständlers oder Konzernvorstand, eint eine Gemeinsamkeit. Sie haben mit ihrem Team eine umfassende Personalstrategie entwickelt, dokumentiert und daraus einen konkreten Fahrplan abgeleitet, einschließlich dem gezielten Einsatz von Maßnahmen, Prozessen, Methoden und Tools. Diese sind unabdingbar, um Personalentscheidungen verantwortlich und nachhaltig treffen zu können. Wenn es um den Kauf einer neuen Maschine geht, investieren Unternehmen viel Zeit und Mühe, um Fehler zu vermeiden. Eine Position mit dem richtigen Mitarbeiter zu besetzen, erfordert ebenfalls einen Prozess, der alle relevanten Kriterien mit geeigneten Methoden und Instrumenten untersucht. Dazu gehören beispielsweise Probeaufgaben, um fachliche Fähigkeiten zu überprüfen, Probearbeitstage sowie wissenschaftlich entwickelte Tools für Persönlichkeits-Profiling.

Drei Ebenen der Personalauswahl

Damit Mitarbeiter in ihrem Job zufrieden und somit produktiv sind, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein. Eine Person ist nur dann für eine bestimmte Stelle geeignet, wenn auf den folgenden drei Ebenen eine Übereinstimmung vorliegt:

1. Skill Fit:

Um seine Aufgaben auszuführen, benötigt der Mitarbeiter gewisse (erworbene) fachliche Kompetenzen, wie etwa Sprachkenntnisse oder die Fähigkeit, ein Computerprogramm zu bedienen.

2. Job Fit:

Außerdem müssen sich seine persönlichen Eigenschaften mit den Anforderungen des Stellenprofils decken, das heißt: Erstens sind die kognitiven Fähigkeiten weder zu niedrig noch zu hoch – andernfalls droht Über- bzw. Unterforderung. Zweitens verfügt der Mitarbeiter über die notwendigen Persönlichkeitsmerkmale, wie etwa eine detailorientierte Arbeitsweise oder Freude an sozialer Interaktion. Drittens bringt er die Motivation mit, die entsprechende Tätigkeit auszuüben.

3. Culture Fit:

Nicht zuletzt muss der Mitarbeiter zu seiner Führungskraft, zum Team und zum Unternehmen selbst passen, das bedeutet: Die zwischenmenschliche Chemie stimmt, die Person arbeitet effektiv mit den Kollegen und ihrer Führungskraft zusammen, und sie identifiziert sich mit der Betriebskultur.

Nur wenn Job und Mitarbeiter auf allen diesen Ebenen entsprechend der jeweiligen Diagnostiken zusammenpassen, hat das Arbeitsverhältnis eine Zukunft. Bislang gründen Personalverantwortliche und Führungskräfte ihre Entscheidungen meist eindimensional auf die fachliche Qualifikation – und auf Sympathie. Zu sehr auf die Intuition zu vertrauen, ist allerdings höchst riskant. Bei den meisten personenbedingten Kündigungen liegt der Grund nicht in mangelnder Fachkompetenz, sondern der Mitarbeiter verfügt nicht über die nötigen Soft Skills. Diese lassen sich nicht daran festmachen, ob jemand im Bewerbungsgespräch einen guten Eindruck hinterlässt. Wirkt ein Kandidat so sympathisch, dass man ihm am liebsten sofort den Vertrag zur Unterschrift vorlegen will, sollte man erst recht genauer hinschauen – indem man das subjektive Gefühl mit Zahlen und Fakten verifiziert. In Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale liefern evidenzbasierte Profiling-Tools belastbare Daten.

Fazit

Seine zukunftsfähige Personalstrategie zu entwerfen, ist eine, wenn nicht die Kernaufgabe der Unternehmensführung. Die HR-Leitung zeichnet dafür verantwortlich, diese Strategie operativ umzusetzen – initiiert werden muss sie von höchster Stelle. Nur Unternehmen, die sich dieser Verantwortung stellen, gewinnen langfristig die richtigen Mitarbeiter – und sichern ihre Produktivität nicht nur, sondern steigern sie sogar.

Nilgün Aygen: Autorinprofil

Nilgün Aygen ist Entrepreneurin, Autorin und Speakerin. Als Gründerin und CEO führt sie die Geschäfte von zwei Unternehmen: als Geschäftsführerin DACH von Profiles International, ein weltweit führender Spezialist für wissenschaftlich entwickelte Profiling-Instrumente, und als Geschäftsführerin von ValYouBel. Seit mehr als 30 Jahren unterstützt Nilgün Aygen Unternehmen dabei, die Personalstrategie sowie den Vertrieb zu optimieren.

Mit ihren Methoden für Business Profiling und Talent Management besetzen Unternehmen ihre Vakanzen signifikant schneller, kosteneffizienter und nachhaltiger. Die Entrepreneurin hat mehrere HR-Beratungsunternehmen gegründet, erfolgreich weiterentwickelt und in die Zukunft geführt. Sie bildete zahlreiche eigene Mitarbeiter aus und weiter und baute ein umfangreiches Netzwerk an Partnerunternehmen auf. Nilgün Aygen ist Autorin eines Standardwerks zum Thema Recruiting und gefragte Keynote-Speakerin in den Sprachen Deutsch, Englisch und Türkisch.

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